Personalfluktuation gilt in vielen Unternehmen als lästiges Übel: Hochfluktuation ist kein Trend, sondern ein Warnsignal. Doch wer ist hierbei das Problem? Unternehmen oder Mitarbeitende?
Wir sprechen nicht von natürlicher oder interner Fluktuation wie befristeten Verträgen, Ruhestand oder Elternzeiten, die mit der Weiterentwicklung innerhalb des Unternehmens einhergehen. Vielmehr steht die externe Personalfluktuation im Fokus, die HR-Abteilungen – und auch uns – zum Nachdenken anregt.
Machen wir uns nichts vor: Unternehmen sind oft selbst der Auslöser für die „Fluktuationskrise“. Doch statt echter Reformen anzugehen, investieren sie lieber in Employer Branding, um den nächsten Schwung an Mitarbeitenden anzulocken. Ein bisschen schickes Marketing über LinkedIn – Problem gelöst, oder?
Wenn Ihre besten Talente reihenweise das Weite suchen, liegt das Problem nicht bei ihnen? – Es liegt bei Ihnen. Führungskräfte, die Fluktuation als unvermeidlich abtun, verkennen den Kern der Sache: Die meisten Kündigungen lassen sich auf Missmanagement, toxische Unternehmenskultur und mangelnde Entwicklungsperspektiven zurückführen.
Geld – der Faktor, den niemand ansprechen will, aber alle brauchen. Statt in erfahrene Fachkräfte zu investieren oder eigene Fachkräfte auszubilden, entscheiden sich Unternehmen häufig für die vermeintlich günstigere Variante – „Billigkräfte“. Diese kurzfristige Denkweise mag auf den ersten Blick kostensparend wirken, wird aber langfristig teuer. Die ständige Suche nach Ersatz frisst Ressourcen, und die Qualität der Arbeit leidet. Geld ist nicht nur ein zentraler Faktor für Mitarbeitende, sondern auch für Fluktuation – durch Kosten für Recruiting, Einarbeitung, Projekt- und Lieferverzögerungen sowie Qualitätseinbußen.
In großen Konzernen fällt der Verlust eines Mitarbeitenden kaum auf. Hier kann man es sich „leisten“, Fluktuation zu ignorieren. Anders sieht es in kleinen und mittelständischen Unternehmen aus, wo jede Kündigung eine spürbare Lücke hinterlässt.
Ein wertvoller Mitarbeitender verlässt selten ein Unternehmen leichtfertig. Wenn er geht, steckt oft tiefe Unzufriedenheit dahinter – und die Frage, ob seine Loyalität und sein Einsatz überhaupt wahrgenommen wurden. Jedoch spielen Individuelle Bedürfnisse ebenfalls eine große Rolle – doch wie oft wird das hinterfragt? Die Gründe können nicht erkannt werden, wenn sie dem Abgang mit Gleichgültigkeit begegnet werden. Es geht nicht darum, jeden Abgang zu verhindern, sondern zu verstehen, warum er passiert.
Fluktuation kann natürlich auch positive Auswirkungen haben. Der Betrieb erlangt neue Perspektiven, neue Arbeitsweisen, ist flexibel anpassungsfähig in Strukturen und Prozessen und das Team wird in seinen sozialen Kompetenzen gefordert und gefördert, profitiert vom Wissensaustausch und hat interne Entwicklungsoptionen.
Das rechtfertigt aber nicht, dass Fluktuation als unvermeidlich hinzunehmen ist. Unternehmen sollten aktiv an ihrer Unternehmenskultur und Mitarbeiterbindung arbeiten. HR ist dafür da, nicht nur auf Probleme zu reagieren, sondern präventiv zu handeln beispielsweise mit Retention Management, Performance Management und Talentmanagement. Wie viele Mitarbeiter müssen noch gehen, bis sie handeln?